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Der Chef signiert für feinen und fairen Kaffee

Die Kaffeerösterei Bertschi-Café ist ein Unikum in der Branche. Für Inhaber Jürg Reber sind fairer Handel und nachhaltige Produktion mehr als Labels. Den Spitzenkaffee gibt es neu in der Migros Zürich.

Jürg Reber und Agron Komani von Bertschi-Café

Der Chef lässt es sich nicht nehmen, jede Charge persönlich zu verkosten.

Vorauszahlung ist die einzige Art, anständig Kaffee zu handeln. Die Bauern sind darauf angewiesen.

Jürg Reber, Inhaber und Geschäftsführer Fritz Bertschi AG

«Wir sind der Kaffeepapst», sagt Jürg Reber und meint damit die meisterhafte Röstung des Bertschi-Cafés. An Selbstvertrauen mangelt es dem Inhaber und Geschäftsführer der Fritz Bertschi AG nicht. Schnell wird aber klar: Was die Rösterei macht, hat tatsächlich aussergewöhnlich hohe Standards, und das seit Jahren.

Vor allem ist da die gute Qualität. Röstmeister Agron Komani blickt auf 15 Jahre Erfahrung zurück und röstet die Kaffeebohnen langsam und nach Gefühl, nicht nach Sekunden. «Neben der Sorte und der Bohnengrösse hat sogar das Wetter einen Einfluss da­rauf, wie lange die Kaffeebohnen im Röster bleiben», sagt Komani. Sobald die Farbe stimmt und das typische Knacken zu hören ist, beendet er den Röstvorgang und lässt die Bohnen abkühlen. Die langsame Röstung ist ein Qualitätsmerkmal: «Grosse Röstereien rösten viel schneller, das ist zwar effizienter, erhöht aber den Säuregrad des Kaffees», erklärt Komani. Und je saurer der Kaffee, desto schlechter verträgt ihn meist der Magen.

Jede Röstung wird nach den ­Labortests vom Chef persönlich ­degustiert: Alle 15 Minuten bekommt er vom Röstmeister einen Espresso gereicht, frisch von der aktuellen ­Röstung. Erst wenn er sein Okay gibt, darf die Charge von 60 Kilogramm Kaffee verkauft werden. «Die Kunden wissen, sie können sich bei uns auf konstant hohe Qualität verlassen», sagt Reber.

 

Das Credo: Kaffee anständig handeln

Was die Rösterei ebenfalls einzigartig macht, ist der langjährig faire Umgang mit den Bauern, die etwa in Brasilien, Peru oder Mexiko Kaffeebohnen für Bertschi-Café anbauen. Bereits 1991 liess Rebers Vorgänger die Rösterei sowohl für Max Havelaar als auch für Bio Suisse zertifizieren. Bei beiden Labels war Bertschi-Café der erste Lizenznehmer. Der Preis, den Bertschi-Café Bauern für ihren Rohkaffee zahlt, ist entkoppelt vom Weltmarkt und deckt die Kosten für eine nachhaltige Produktion – nach Max-Havelaar-Mindestpreisstandards eben.

Jürg Reber macht zwei wichtige Dinge anders als andere: Direktimport und Vorauszahlung. «Im klas­sischen Kaffeehandel geht der Kaffee durch die Hände von rund 60 Zwischenhändlern», sagt Reber. «Wir aber kennen unsere Kaffeebauern persönlich und schliessen mit der ­Kooperative die Verträge ab.» Der Weg zwischen Kooperative und ­Bertschi-Café ist direkt: Die 60-Kilo-Säcke reisen per Schiff bis zum In­dustriehafen von Birsfelden, wenige hundert Meter von der Rösterei entfernt. Zudem zahlt Reber im Voraus. 70 bis 80 Prozent des Geldes ist bereits beim Bauern, bevor dieser den Rohkaffee verpackt und verschifft. «Das bedeutet, das Risiko ist voll bei mir», sagt Reber. «Aber es ist die einzige Art, anständig Kaffee zu handeln.»

Die Bauern sind angewiesen da­rauf, dass das Geld vorher bei ihnen eintrifft. Und sie missbrauchen dieses Vertrauen nicht. Seit Reber vor bald 20 Jahren die Rösterei gekauft hat, bekam er bis auf eine Ausnahme immer die richtige Menge Kaffee in der hohen Qualität, die er verlangt.

Ein Grund für Jürg Rebers Erfolg ist nicht zuletzt seine gut gelaunte Art und sein herzlicher Umgang mit Menschen. Bevor er zur Rösterei stiess, war es für ihn der Normalfall, eine Firma zu übernehmen, zu sanieren und nach ungefähr fünf Jahren wieder zu verkaufen. «Aber in diesem Geschäft habe ich zum ersten Mal ­einen Sinn gesehen», sagt Reber. «Meine Auf­gabe ist es, gut zu den ­Kaffeebauern und zu meinen Mit­arbeitenden zu schauen.»

Und so gibt er auch mal einem ­Ex-Häftling eine Chance oder hilft ­einem Mitarbeiter bei einer schwie­rigen Scheidung. Denn: «Meine Mitarbeitenden sollen unbelastet an die Arbeit gehen können.»

100 Tonnen Rohkaffee im Keller

Als Fritz Bertschi im Jahr 1932 den Grundstein für die Rösterei legte, war Kaffee noch ein Luxusgut. Heute ist er das zweitmeist gehandelte Gut weltweit, direkt nach Rohöl und noch vor Erdgas und Gold. Gerade in der aktuellen Lage, wo sich der Weltmarktpreis für Rohkaffee inner-halb eines Jahres fast verdoppelt hat, kommen Jürg Reber die langjährigen Beziehungen zu den Kaffeebauern zugute. Seine Lieferkette ist stabil. Notfalls hätte er 100 Tonnen Roh­kaffee im Keller: «Unser Lager reicht für rund sieben Monate ohne neue Lieferung», sagt Reber.

Trotz der hohen Qualität und des fairen Handels ist der Kaffee für den Kunden vergleichsweise nicht teuer. Wie das geht? «Wir sind einfach sehr speditiv», verrät Reber und grinst. Nur sieben Mitarbeitende reichen, um jährlich 400 Tonnen gerösteten Kaffee zu produzieren.

Ein Teil des Kaffees ist neuerdings in grösseren Filialen der Migros ­Zürich zu finden. Wer genau schaut, erkennt Jürg Reber mit Hut auf der eleganten Verpackung. «Ich stehe mit meinem Kopf und mit meiner Unterschrift für fairen Spitzen­kaffee», sagt Reber.

bertschicafe-sortiment

Bohnen sowie gemahlener und löslicher Kaffee

Die neun Kaffeevarianten von Bertschi-Café decken alle Vorlieben ab: Die verschieden dunklen Röstungen sind alle fair gehandelt, davon fünf in Bio- und zwei in Demeter-Qualität. Unter den Produkten finden sich ein löslicher ­sowie ein gemahlener Kaffee.