2022 habe ich mehr als 180 Tonnen geerntet.
Dieser Bauer traut sich was
Michael Aeschlimann baut im Zürcher Furttal neun Gemüsesorten an – darunter Süsskartoffeln, die erst wenige Bauern anbieten.
Kohlrabi, Knollensellerie, Eisbergsalat: Michael Aeschlimann kümmert sich in seinem Betrieb «Leuenberger Gemüsekulturen AG» jahrein, jahraus um verschiedenstes Gemüse. Zusammen mit seiner Frau Marta erntet er ähnliche Sorten wie viele Branchenkolleginnen. Wäre da nur nicht das rot-orange Gemüse, das so gar nicht ins Schema passt: die Süsskartoffel, die ursprünglich aus Lateinamerika stammt.
Was er nicht kennt, probiert er
Nachdem ihn ein Kollege auf die spezielle Gemüsesorte aufmerksam gemacht hat, ist der Gemüsebauer fasziniert. Dennoch zögert der gebürtige Berner Seeländer. Laut Aeschlimann gibt es in der Schweiz bis anhin nur wenige, die die Süsskartoffel im grösseren Stil anbauen; zudem habe sie den Ruf, arbeitsintensiv zu sein. 2017 siegt dann die Neugier, und er wagt den Schritt. In seinem Betrieb in Dänikon ZH probiert er es mit der Süsskartoffel. Mit Erfolg: Das «Testprojekt», wie es Aeschlimann nennt, gelingt.
Heute baut er bereits auf zwölf Hektaren Süsskartoffeln an. Mit Erfolg: «2022 habe ich mehr als 180 Tonnen geerntet.» Der Süsskartoffelanbau sei tatsächlich mit einigem an Arbeit verbunden, erklärt Aeschlimann. Die Jungpflanzen wollen zwischen Mitte Mai und Mitte Juni von Hand in den Boden gesetzt werden. Im Zeitraum von Mitte September bis Mitte Oktober wird geerntet. Allerdings nicht wie bei der normalen Kartoffel mit dem Vollernter, sondern erneut von Hand. Die Süsskartoffel mit ihrer weichen Schale ist wahrlich ein zartes Pflänzchen und verlangt nach äusserst schonendem Umgang.
Nach der Ernte gehts dann erst richtig los: Die Süsskartoffel kommt in einen Raum, der zwischen 27 und 28 Grad warm ist und eine hohe Luftfeuchtigkeit aufweist. Dadurch macht Aeschlimann sein Gemüse lagerfähig und verleiht ihm den typischen Geschmack, denn dieser Prozess wandelt Stärke in Süsse um.
Viel Arbeit am Anfang und viel gegen Schluss prägen den Süsskartoffelzyklus. Zwischen dem Setzen der Jungpflanzen und der Ernte können es Aeschlimann und sein 25-köpfiges Team dann aber abgesehen vom Unkrautjäten etwas ruhiger angehen lassen.
Schliesslich geniessen Süsskartoffeln warmes und trockenes Wetter. Sie kommen mit wenig Wasser zurecht, und auch auf Fungizide und Insektizide verzichtet sie lieber. Dadurch, dass die Pflanze in der Schweiz noch nicht lange und nach wie vor eher selten angebaut wird, trifft sie hier gemäss Aeschlimann auf wenig Schädlinge und Krankheiten.
Laut Aeschlimann haben Süsskartoffeln wenig mit konventionellen Kartoffeln zu tun. «Sie kommen nicht einmal aus der gleichen Familie», führt er aus. Ähnlich ist allerdings die Zubereitung: Chips, Ofenkartoffeln oder Rösti – möglich ist vieles. Kundinnen und Kunden, die seine Süsskartoffeln mit dem Label «Aus der Region. Für die Region.» in den Filialen der Migros Zürich erhalten, empfiehlt er dazu Raclettekäse. Ein Walliser habe ihn auf die Idee gebracht. Zusammen mit Gästen habe er die Käse-Süsskartoffel-Kombination daraufhin auch einmal getestet. Fazit: «Es war sensationell, und ich habe rasch noch mehr davon gemacht.» Eigentlich logisch, folgert Gemüsebauer Aeschlimann, auch sonst würden zu Käse ja süsse Beilagen wie Chutney oder Trauben gereicht. Süss und salzig passen eben gut zusammen. Fast so gut wie Michael Aeschlimann zu seinen Süsskartoffeln.