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Alkoholabstimmung «Wir müssen die Alkoholfrage ehrlich klären»

An der kommenden Urabstimmung entscheiden die Genossenschaftsmitglieder der Migros Zürich, ob es künftig Alkohol im Angebot gibt. Edith Spillmann, Genossenschaftsrätin und Mitinitiantin, erklärt, wie die Initiative zustande gekommen ist.

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Edith Spillmann fordert beim Alkoholverkauf bei der Migros mehr Ehrlichkeit.

Wir stehen voll hinter Duttis Grundwerten für die Volksgesundheit.

Edith Spillmann, Genossenschaftsrätin

Frau Spillmann, was hat die ­Initianten bewogen, die Alkoholfrage zu stellen?

Die Diskussion um Alkohol in der Migros gab es immer wieder. Mit der Lancierung von Migros Online mit Alkohol im Angebot wurde die Diskussion vor zwei Jahren intensiver. Wir finden es unehrlich und unglaubwürdig, etwas in den Statuten stehen zu lassen, aber anders zu handeln. Man kann das Alkoholverkaufsverbot nicht ernsthaft als Wert oder Migros-Identifikation proklamieren und gleichzeitig die zweitgrösste Alkoholhändlerin der Schweiz sein. Verzicht bedeutet in der Folge auch Konsequenz. Wir stehen voll hinter Gottlieb Duttweilers Grund­­werten für die Volksgesundheit. Diese hatte damals und hat ­heute sehr unterschied­liche ­Facetten. Alkohol brachte seinerzeit viele Haushalte finanziell in Bedrängnis, oft verbunden mit Gewalt. Die Hausfrauen mussten schauen, wie sie ihre Familien versorgten, da viel Haushaltsgeld für Alkohol verschleudert wurde. Heute gehören zur Volksgesundheit Themen wie psychische ­Gesundheit, ­weniger Zucker und allgemein gesunde Ernährung, Stress, Bewegungsmangel oder Einsamkeit.

Welche Schritte waren für den Abstimmungsantrag nötig?

Es braucht fünf Delegierte, um ein Geschäft an der Delegiertenversammlung als Traktandum aufstellen zu lassen. Das haben wir gemacht. Die Verantwortlichen der Migros haben unserem Anliegen zugehört, waren skeptisch, abwägend und hinter­fragend. Wir hatten sorgfältige und kritische Diskussionen zum Thema und zum demokratischen Prozess, der arbeitsintensiv war und noch ist. 

Gab es Gegenwind?

Alle, die mit unserem Antrag konfrontiert wurden, atmeten zuerst einmal tief durch. ­Einige begrüssten den Mut, das Thema endlich aufzunehmen und die Frage an der Urabstimmung ­klären zu lassen. Wo zu Beginn Skepsis oder gar Ablehnung war, konnten wir aufklären und die heutige Realität darstellen. Sehr häufig haben uns die Gegenüber dann ihre Unterstützung zu­gesichert. Ein Beispiel: Migros verkauft heute via ­Migros ­Online Al­kohol, den ich mir an meine ­Migros-Filiale liefern lassen kann. Ich selbst mache das. Ich kaufe an einem Samstag meistens auch noch im Laden ein, gehe nach der Bezahlung die ­wenigen Meter zum Kundendienst, weise mich aus und nehme den bestellten Alkohol in Empfang. Verrückt, nicht?

Welches Gegenargument überrascht Sie in der öffentlichen Diskussion am meisten?

Dass viele trotz Wissen an etwas festhalten wollen, das längst nicht mehr Realität ist und auch nicht mehr in die heutige Zeit passt. Völlig unverständlich ist für mich die Aktion von Herrn Bolliger, der als Migros-Manager damals beim Kauf der Denner-Gruppe federführend war und nun den Bewahrer gibt. Die Migros verkauft über verschiedenste Kanäle Alkohol, dieses Alkoholverkaufsverbot ist ein Mythos geworden. Wir können das nun ändern mit unserem Ja.

Was war Ihre persönliche ­Motivation, sich diesem Thema anzunehmen?

Ich wollte meinen Teil dazu ­­­beitragen, das Thema ehrlich zu klären. Dutti hatte es immer hervorragend verstanden, den Puls der Gesellschaft und die Kundenbedürfnisse aufzunehmen und seine Migros darauf auszurichten. Dutti würde heute das Alkoholverbot kippen. Es gibt Interviews mit ihm, wo er das schon früher prophezeite.
Genau dieses Ausrichten auf veränderte und neue Kunden­bedürfnisse sowie gesellschaftliche Anliegen machen auch die heutige Migros stark. Die neuen Themen sind beispielsweise Klimaneutralität, Food Waste, Nachhaltigkeit und so weiter – und damit weiterhin Volksgesundheit. Viele Themen wie Fleischkonsum werden mit Sicherheit auch mit Verzicht zu tun haben. Das wird uns noch schwerfallen. Bitte keine neuen Verbote, sondern mehr Eigenverantwortung!

Was hat den Genossenschaftsrat der Migros Zürich zur ­Ja-Parole bewegt?

Migros verkauft bereits Alkohol, das ist eine Tatsache. Alle wissen, dass der Onlinehandel ­weiter zunehmen wird. Heute will die Kundschaft eigenverantwortlich einkaufen, und das möglichst ­alles an einem Ort – egal ob statio­när oder ­online. Die Umfragen zeigen eindeutig, dass die Kundschaft nicht mehrere Geschäfte auf­suchen will. Der grösste Teil der Bevölkerung trinkt Alkohol massvoll und mit Genuss. Es spricht vieles für eine Abschaffung des Verbots. Das hat der Rat erkannt und sich mehrheitlich für ein Ja ausgesprochen.

Wie werden Sie abstimmen?

Ich werde ein überzeugtes Ja ­für die Aufhebung des Verbots ­einlegen. Es ist ein Ja zur Migros, die Kundenbedürfnisse ernst nimmt und sich ehrlich und ­verantwortungsvoll nach vorn ausrichtet.

Zur Person

Edith Spillmann gehört bei der Migros zu den Initiant­innen der «Alkohol­frage». Die Genossenschaftsrätin der Migros ­Zürich ist zudem ­Delegierte im Migros-Genossenschafts-Bund (MGB) und Mitglied im Unterstützungsfonds des MGB. Haupt­beruflich arbeitet die Personalfachfrau in einem nationalen Unternehmen der Netzinfrastruktur. Wohnhaft im Zürcher Unterland, hat sie eine Schwäche für die Griesscreme von M-Classic und ist überzeugt von Zoé-Pflegeprodukten.

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